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Portrait

Annelie Knoll, Malerin

Aus einer Ausstellungseröffnungsrede des Schriftstellers Rolfrafael Schröer, Initiator und langjähriger Leiter des Künstlerdorfes in Schöppingen, NRW.

Die Malerin Annelie Knoll, die Ende der 70er bis Mitte der 8oer Jahre in Berlin an der Hochschule der Künste studierte, stellte, fern den damaligen Auseinandersetzungen mit der Moderne, den sichtbaren Menschen in den Mittelpunkt ihrer Malerei. Sie spricht vom Hinausgestelltsein in die Existenz und nimmt so Albert Camus „Geworfenheit in Angst, Scheitern und Sterben an der Absurdität der Welt“ auf in ihr Repertoire. In frühen Düsterbildern, in trostarmen Genauigkeiten trifft sie, wie in dem Temperabild „Undine geht – Hommage a Ingeborg Bachmann“ auf die sinnentleerte Freiheit als ein Nichts, das dem ICH keinen Glauben, keine Hoffnung, kein Licht leuchten läßt.

Die Künstlerin, lebt in einer musisch und musikalisch gebildeten Familie. Als kleines Mädchen, die Eltern hatten eine Hofstelle abseits eines kleinen Dorfes in der Pfalz, machten ihr die Dorfkinder klar, daß sie nicht zu ihnen gehöre. Sie erinnert sich, wie sie in einer hochgrasigen Wiese hockt, sich mit einem bunten Haarnetz ihrer Großmutter schmückt, Melodien summt, mit Käfern und Schmetterlingen spricht, Mädchenmärchen erfindet und diese in Leuchtfarben taucht. Das Einsamsein ist das Tor zum freien Phantasieren.

Die seit 1985 freischaffende Malerin filtert aus der bilderüberfütterten Schnellguckzeit und aus den worthülsenübersäten Trampelpfaden des Handygeschwätzes und den Rockpoprhythmuskanonen der hörgeschädigten Musikmacher ihren heutigen Gegenentwurf: Genauhinsehen – Erkennen – Begreifen und Worte fürwahrnehmen – Verstehen und Hirn- und Herztöne unterscheiden. Sie nutzt diesen Dreischritt um gegen die Wachstumsbeschleunigung die Entschleunigung zu behaupten und malt nur mit reinen unverschnittenen Pigmenten, die ihren Bildern Brillanz und Lichtechtheit verleihen. Die für einen solchen Prozeß notwendige Langsamkeit erzeugt eine gesteigerte Intensität seelischer und geistiger Erzählkräfte, die sich bei den märchenhaften Motiven ins Phantastische verwandeln.

Das staunenswerte ihrer meist großformatigen Bilder ist ein Farbenrausch aus Erzählballetten der Hände, Armbeugen, Flamencoschritten, Musikinstrumenten, wehenden Farbbändern, Arabesken und manchmal überwabern, verschleiern drehwirbelnde Buntschals geheimnisvoll Gesichter, Figuren und Tiere eingetaucht in tausendundeinen Lichttag.

Diese Phantasiebilder unterbrechen von Zeit zu Zeit sensible Portraits, und die Portraitierten sitzen und stehen geduldig Modell. Aber die Zeichnerin, die Malerin Annelie Knoll, die Genauhinsehende ist eine sich in die Persönlichkeiten hineinfühlende Künstlerin, die im Beiwerk der Gemälde Deutungen wagt und mit dem Schleppnetz aus dem unerschöpflichen Ozean ihrer Phantasie zu fischen versteht.

Rolfrafael Schröer